AUCH BEIM LIEGEN EINMAL EINE PAUSE MACHEN
Raus aus den Federn
Bis zu 20 Stunden verbringen hospitalisierte Patientinnen und Patienten täglich im Bett. Das ist zu viel. In den Solothurner Spitälern wird dies nun geändert.
Ältere Menschen verlieren jeden Tag, den sie liegend im Bett verbringen, ein bis fünf Prozent ihrer Muskulatur. Das ist viel. «Bei älteren Patienten kann dies je nachdem fatal sein», so Anita Hartmeier, Leiterin der Physiotherapie des Bürgerspitals Solothurn. Denn ältere Menschen verfügen anders als jüngere kaum über Reserven, die Muskulatur baut sich im Alter schneller ab und der Wiederaufbau dauert lange. Akuter Bewegungsmangel im Spital führt nicht nur zu einer Reduktion der Muskulatur, sondern kann auch Kreislaufschwäche verursachen, erhöht das Risiko für einen Sturz oder ein Delir – ein Verwirrtheitszustand – oder steigert das Risiko für eine Lungenentzündung. «Grundsätzlich ist ein Spital ein höchst bewegungsunfreundlicher Ort», so Anita Hartmeier, «Patienten werden laufend gefragt, was sie möchten, man hilft, wo es geht und schränkt so ein normales Aufsein oder die Selbstständigkeit ein.»
Was passiert, wenn Sie sich während des Spitalaufenthalts häufiger bewegen?
Herz Stabilerer Blutdruck, stabilerer Kreislauf
Kopf Bessere Laune, besserer Schlaf, weniger Unruhe, weniger Verwirrtheit
Lunge Leichtere Atmung, Stärkung der Immunabwehr
Haut Geringeres Risiko für Wundliegen
Essen Mehr Appetit, weniger Verstopfungen
Muskeln, Knochen Weniger Muskelabbau, weniger Gelenkschmerzen, weniger Stürze
Viele trauen sich nicht
Aus Untersuchungen weiss man, dass Patienten 17 bis 20 Stunden täglich liegen, vier Prozent der Zeit stehen oder gehen sie, den Rest verbringen sie sitzend. Erstaunlicherweise sei es aber selten der Schweregrad der Erkrankung, der eine hohe Liegedauer verursache, so Anita Hartmeier, sondern eher das Zusammenspiel vieler Faktoren. Da wäre zum Ersten die Unsicherheit. Patientinnen und Patienten wissen oft nicht, ob sie überhaupt aufstehen dürften. Ruhig liegen bleiben kann nach einem grösseren operativen Eingriff tatsächlich verordnet werden, aber selten für mehrere Tage. Eine leichte Bewegung oder Aufstehen mit geeigneten Methoden sind meist rascher möglich, als viele meinen. Weitere Faktoren für wenig Bewegung sind etwa auch Infusionsschläuche, die behindern, oder das Gefühl, medizinisches Fachpersonal bei der Arbeit zu stören. «Spitalgänge sind, da müssen wir auch selbstkritisch hinschauen, leider oft behindernd, da dort zu viele Geräte oder Betten zwischengelagert werden», so Anita Hartmeier.
Hinzu kommen psychologische Faktoren, wie etwa die Tatsache, dass das Bett für viele Patienten ein geschützter Platz ist, wo sie Privatsphäre empfinden und natürlich Scham, sich im Nachthemd zu zeigen. Ein Trainingsanzug oder andere geeignete Kleider schaffen da leicht Abhilfe.
Für Bewegung sensibilisieren
In den Solothurner Spitälern streben wir seit einiger Zeit der Grundsatz «Aufstehen – Aufsein – Aufbleiben» an. Dazu finden an allen Standorten Sensibilisierungen für das medizinische Personal statt, mit dem Ziel, dass sich am Ende Patienten mehr bewegen und ihnen auch die Möglichkeit geboten wird, aktiv am Spitalalltag teilzunehmen. Eine Krankheit sei immer auch ein Moment, innezuhalten und den eigenen Lebensstil zu reflektieren, so Anita Hartmeier. «Nutzen wir diesen Moment und geben gerade älteren Patienten Übungen und Tipps mit auf den Weg, wie sie sich mehr im Spital, aber auch in ihrem Alltag bewegen.» Wie sagt doch das Sprichwort: Wer rastet, der rostet.
Strategien gegen zu viel Bettruhe
- Steigern Sie Ihre Bewegung täglich.
- Stehen Sie, wenn möglich, zu jeder Mahlzeit auf und essen Sie am Tisch.
- Empfangen Sie den Besuch sitzend im Stuhl.
- Spazieren Sie viel umher – allenfalls mit Hilfe.
- Bauen Sie Varianten in Ihre tägliche Bewegung ein. Zum Beispiel statt immer rechts zum Bett raus, vielleicht mal links.
- Falls Sie dürfen, machen Sie mit Ihrem Besuch auch eine Runde durch den Spitalpark oder trinken Sie den Kaffee im Spitalrestaurant.
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