DIE CORONA-MASSNAHMEN DER SOLOTHURNER SPITÄLER
Zurück zur Normalität
Mitte März wurde in den Solothurner Spitälern aufgrund der staatlichen Vorgaben beschlossen, den regulären Betrieb herunterzufahren und die Standorte für die Corona- Pandemie bereit zu machen. Nun ist der Alltag wieder eingekehrt. Aber ein anderer. Der Infektiologe und Leiter Spitalhygiene, Dr. med. Rein Jan Piso, blickt zurück.
Wie bereiteten sich die Solothurner Spitäler auf die Pandemie vor?
Als wir Anfang Jahr realisierten, was auf uns zukommen würde, begannen wir sofort, Richtlinien neu zu erarbeiten und Schutzkonzepte einzuführen. Zu Beginn hatten wir eine grosse Unbekannte: Nämlich ob sich das Virus über Tröpfchen oder auch über Aerosol, also die Atemluft, überträgt. Wäre eine aerogene Übertragung möglich gewesen, hätten wir viel strengere Hygienemassnahmen einführen müssen. Die grösste Herausforderung für mich war, Richtlinien zu erarbeiten, die alle paar Tage wieder geändert werden mussten aufgrund neuer Daten. Danach ging es um eine zeitnahe, transparente und eindeutige Kommunikation. Dabei wurde ich insbesondere auch von der Kommunikationsabteilung des Spitals unterstützt.
Wie reagierten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Es gab Mitarbeitende, die Angst hatten und mehr Schutz als nötig wollten. Das ist nachvollziehbar und verständlich. Gerade aber bei Hygienemassnahmen ist es sehr wichtig, genau das zu tun, was getan werden muss. Das war nicht immer einfach. Je komplizierter Richtlinien aber sind, desto schlechter werden sie umgesetzt und nützen wiederum nichts. Als Infektiologe und Verantwortlicher für Spitalhygiene schafft man sich in solchen Zeiten nicht nur Freunde, das liegt in der Natur der Sache.
Die Spitäler waren danach aber fast leer.
Es gab drei Phasen. Die erste Phase war, als alles begann. Wir strichen alle geplanten Behandlungen, um nur noch für Notfall- und Covid-19- Patienten da zu sein. In der zweiten Phase war das Spital schon fast leer, es kamen am Ende glücklicherweise viel weniger Covid-19-Patienten, als wir anfänglich gedacht hatten. Und in der dritten Phase befinden wir uns im Moment, während der Shutdownaufgehoben wird und wir zum Regelbetrieb zurückkehren. Die Schwierigkeit in dieser dritten Phase liegt vor allem darin, das Spital unter Berücksichtigung von allen Sicherheitsmassnahmen wieder hochzufahren. Wir sind immer noch weit entfernt von einem Normalbetrieb.
Wurde zu viel getan?
Nein, auf keinen Fall! Aber wissen Sie, mit Präventionsmassnahmen holen Sie nie Lorbeeren. Tun Sie nämlich viel und es passiert wenig, waren es zu strenge Massnahmen. Unternehmen Sie wenig und es kommen viele, waren es zu lasche Massnahmen. Rückblickend kann man nun sagen, dass wir mehr Patienten für Behandlungen hätten aufbieten können, als wir es getan haben. Aber anfänglich wusste man schlicht nicht, was einen erwartete. Die Vorsicht war richtig.
Ist das Spital nun gerüstet für eine zweite Welle?
Ja, absolut. Das lässt mich nun auch etwas ruhiger werden. Wir sind zurzeit auch dran, unsere Materiallager aufzustocken.
Sie betreuten als Arzt viele Covid- 19-Patienten. Wie gefährlich schätzen Sie das Virus ein?
Der weitaus grösste Teil der Patienten, die schwere Probleme hatten oder daran starben, gehörten zur Risikogruppe. Aber, und das ist wichtig zu wissen, es gab immer wieder auch Personen ohne Risikofaktoren, die einen schweren Verlauf hatten. Bei dieser Krankheit ist niemand zu hundert Prozent geschützt. Im Moment aber diskutieren
wir über vieles ohne klinische Daten.
Es gab innerhalb des Spitals kaum Ansteckungen. Welche Massnahmen nützten am meisten?
Ganz klar das Social- oder besser gesagt Physical-Distancing. Das ist enorm wichtig. Dank dieser Massnahme kamen wir relativ gut durch die Krise hindurch. Nun müssen wir wieder zur Normalität zurückfinden. Wichtig ist aber, dass wir bei einem Anstieg der Zahlen wieder rasch verstärkte Schutzmassnahmen umsetzen können.
Das Gespräch wurde am 28. Mai 2020 geführt.
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