Geburtenabteilung
«Eine Geburt läuft selten genauso, wie geplant.»
Sarah Vögtli ist Hebamme auf der Geburtenabteilung in der Frauenklinik Olten. Der Umgang mit ungeplanten Ereignissen gehört für sie zum Berufsalltag. Sie erzählt, wie dank eingespielter Teamarbeit sogar vermeintliche Hindernisse zu einem positiven Geburtserlebnis beitragen können.
Die klassische Geburt: Was ist das überhaupt? Weil eine Geburt selten so abläuft wie man es sich vorgestellt hat, ist diese Definition gar nicht so einfach. Es gibt immer unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen. Komplikationen sind nicht per se ein Hindernis, sie erfordern einfach eine andere Vorgehensweise, um schliesslich doch noch zum gewünschten Ziel zu gelangen. Manchmal braucht es Komplikationen und ungeplante Ereignisse, sie gehören einfach dazu. Sie können auch positiv sein!
Typische ungeplante Ereignisse bei einer Geburt
Wir sprechen zum Beispiel von einem ungeplanten Ereignis, wenn eine vaginale Geburt geplant gewesen war, das Baby sich jedoch kurz vor dem Termin nochmals drehte. In einem solchen Fall muss schnell entschieden werden, ob die vaginale Geburt noch möglich ist oder es einen Kaiserschnitt braucht. Manchmal lässt sich das Baby dazu animieren, sich wieder in die Schädellage zu drehen, damit man mit dem ursprünglichen Plan weitermachen kann. Wir besprechen die Situation zusammen mit der Familie und ergreifen dann entsprechende Massnahmen. Unser Ziel ist es, die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten zu finden. Bei Zwillingsgeburten ist es ähnlich. Sie kommen bekannterweise weniger oft vor als Einlings-Schwangerschaften. Je nachdem, in welcher Position die Babys im Bauch liegen, kann trotzdem eine vaginale Spontangeburt angestrebt werden. Es gibt aber auch Situationen, wo das ganz klar nicht geht. Jeder Fall ist anders und erfordert eine individuelle Herangehensweise, die dann entweder auf eine vaginale Geburt oder einen Kaiserschnitt herausläuft.
Bei einem Kaiserschnitt sprechen wir bei der Herangehensweise von unterschiedlichen Dringlichkeitsstufen. Es gibt den nicht sehr dringlichen Kaiserschnitt, wenn zum Beispiel zuerst eine natürliche Geburt geplant war. Dann gibt es den dringlichen Kaiserschnitt, mit klar definierten Abläufen. Wir wissen genau, wie wir vorgehen müssen und vor allem auch wie schnell: Wenn noch Zeit vorhanden ist, versuchen wir immer, den Familien etwas mehr Raum zu lassen.
Wie der Mensch, so die Geburt: Jede ist einzigartig
Jeder Mensch ist ein Individuum und auch jede Geburt ist komplett unterschiedlich. Das gilt genauso für Geburten, bei denen alles komplikationslos verläuft. Darum ist es wichtig, dass wir individuell auf die Frau und das Kind sowie den gesamten Schwangerschafts- und Geburtsverlauf eingehen. Bei Komplikationen oder Notsituationen handeln alle beteiligten Personen nach klar definierten Schemas. So wissen alle genau, was zu tun ist und wer welche Aufgaben übernimmt. Die individuelle Situation und die Vorgeschichte der Frau spielen dabei aber auch eine wichtige Rolle. Es ist entscheidend, dass wir den bisherigen Schwangerschaftsverlauf im Team besprechen und so ein Gesamtbild erhalten, anhand dessen wir das weitere Vorgehen bestimmen können. Wir suchen immer nach der bestmöglichen Betreuung für die Frau und ihr Kind unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation.
Auch die Begleitperson wird betreut und miteinbezogen
Die fortlaufende und offene Kommunikation mit der Frau und ihrer Begleitperson ist essenziell. Meistens ist ihr Partner mit dabei, es kann aber zum Beispiel auch eine gute Freundin oder die Grossmutter sein. Die Begleitperson gehört genauso zum Geburtserlebnis wie die Frau und das Kind. Uns ist wichtig, dass alle Beteiligten genau wissen, was passiert. Darum erfassen wir die Bedürfnisse aller anwesenden Personen, um so allen ein stimmiges Geburtserlebnis zu ermöglichen. Manchmal gibt es aber Situationen, wo wir nicht alle gleich einbeziehen können – zum Beispiel den Vater bei einem Notfallkaiserschnitt. Das kommt zum Glück nur sehr selten vor, gehört aber trotzdem zur Realität in der Geburtshilfe. Vor allem wenn es schnell gehen muss, kann es vorkommen, dass der Vater nicht beim Kaiserschnitt dabei sein kann. Selbst dann bleibt aber immer eine Kollegin bei den Angehörigen und achtet auf sie. Die Hebamme, die beim Kaiserschnitt dabei ist, informiert sie so bald wie möglich über das Befinden der Mutter und des Babys. Damit werden die Wartezeiten und aufregenden Phasen möglichst kurz gehalten.
Wir unterstützen uns im Team gegenseitig
In unserem Geburtshilfeteam arbeiten Hebammen und Ärzte eng zusammen. Gemeinsam können wir die bestmögliche Betreuung für Mutter und Kind gewährleisten. Das funktioniert hier am Kantonsspital Olten wirklich gut, was ich auch persönlich sehr schätze. Weil wir alle am gleichen Strick ziehen, können wir eine optimale Versorgung für alle Beteiligten garantieren. Unsere Abläufe sind eingespielt, wir kennen die Kompetenzen voneinander und können auf diese Weise die Mutter, das Kind und die Begleitperson bestmöglich unterstützen.
In der Geburtshilfe erlebt man immer wieder Situationen, die einem nahe gehen und manchmal auch länger beschäftigen. Schliesslich sind wir auch Menschen. Wir fiebern mit den Leuten mit, denn wir alle üben diesen Beruf aus Leidenschaft aus. Da gehören Emotionen mit dazu. Es hilft uns, dass wir einen sehr gesunden Umgang untereinander im Team pflegen. Wir tauschen das Erlebte aus, fragen nach und unterstützen uns so gegenseitig. Auf diese Weise verfügen wir über ein sehr gutes, natürliches Auffangnetz. Zudem hat jede Kollegin ihr eigenes Rezept, um in ihrem Privatleben ganz persönlich für einen Ausgleich zu sorgen. Das ist sehr wichtig, damit man diesen Beruf gut und über eine lange Zeitspanne ausführen kann. Nur so bleiben wir ausgeglichen und können für jede neue Frau, die auf unsere Abteilung kommt, unser Bestes geben.
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