DIE NOTFALLSTATION DORNACH IN ACHT PUNKTEN ERKLÄRT

Vernetzte Zusammenarbeit

Auf der Notfallstation werden rund um die Uhr sieben Tage die Woche Patientinnen und Patienten mit allen möglichen Erkrankungen oder Verletzungen behandelt. Dazu braucht es klare Prozesse und eine vernetzte Zusammenarbeit. «Thema» nimmt Sie mit auf einen Rundgang durch die Notfallstation im Spital Dornach.

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Der Empfang

Wer in der Lage ist, den Notfall selbst aufzusuchen, kann sich über eine Gegensprechanlage bemerkbar machen und wird am Eingang abgeholt. Von hier aus geht es direkt in die Patientenaufnahme zur Erfassung der wichtigsten Personendaten oder in dringlichen Fällen gleich zur medizinischen Behandlung. Im angrenzenden Raum findet danach die Triage statt. Hier wird festgestellt, welche Behandlungsschritte mit welcher Dringlichkeit notwendig sind. Während sich im Spital Dornach etwa 60 % der Patienten selbst einweisen, werden weitere 25 % von einem externen Arzt zugewiesen. 15 % werden durch den Rettungsdienst in die Notfallstation gebracht. «Falls jemand noch Zeit hat, ist es für uns sehr hilfreich, wenn die Medikamentenliste und die Krankenkassenkarte mitgebracht werden. Es kommt aber auch vor, dass wir namenlose Patienten behandeln, die sich nicht identifizieren können», sagt Dr. med. Tobias Hoffmann, Leitender Arzt der Notfallstation Dornach.

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Die Vorabklärung mit der Triage

Damit jeder Patient so schnell wie möglich optimal behandelt werden kann, wird ein bewährtes System, die Triage, angewendet. Die Triage erhöht die Effizienz deutlich, denn sie unterteilt die notwendigen Behandlungen und Abklärungen in ein der Triage entschieden wird, wem wann welche Behandlung zuteilwerden soll, kann sichergestellt werden, dass die Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden. Die Notfallstationen der Solothurner Spitäler verwenden dazu den Emergency Severity Index ESI. Speziell dafür ausgebildete Pflegefachpersonen beurteilen anhand von einem Fragenkatalog den Gesundheitszustand des Patienten und teilen ihn in eine Kategorie zwischen ESI 1 bis ESI 5 ein. Spitäler haben eine Aufnahmepflicht. Ralf Kühn, Leiter Pflege der Notfallstation Dornach, erklärt: «Der Patient entscheidet, ob es ein Notfall ist oder nicht. Die Behandlungsdringlichkeit wird dann von den Spezialisten festgelegt.» Patienten der Kategorie 1 benötigen lebensrettende Sofortmassnahmen. In die Kategorie 5 eingeteilt werden Patienten, die beispielsweise einen Wundverband oder ein Rezept benötigen.

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Fast Track oder Notfallkoje?

Wer auf der ESI Skala mit vier oder fünf eingestuft wurde, kann ab 2022 in einem der vier neu gebauten Fast Track Behandlungsräume versorgt werden. Diese sind ausgerüstet wie ein Behandlungszimmer einer Hausarztpraxis. Hier können viele einfache Massnahmen rasch und rund um die Uhr durchgeführt werden. Die schwereren Fälle werden auf eine von sechs Notfallkojen verlegt. Nebst den Notfallärzten können bei Bedarf jederzeit spezialisierte Ärzte aus den Bereichen der Allgemeinen Inneren Medizin und Chirurgie, der Traumatologie, Radiologie, Urologie, Onkologie, Hämatologie, Wirbelsäulenchirurgie, Pneumologie, Endokrinologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, der Psychiatrie oder der Orthopädie hinzugezogen werden. Dank mobiler Stationen für Gips, Wundversorgung, Ultraschall und Reanimation können alle Behandlungen in jeder Notfallkoje durchgeführt werden. Patienten der ESI Stufe 1, die akut lebensbedrohlich verletzt oder erkrankt sind, werden primär auf der Notfallstation Dornach stabilisiert und anschliessend meistens an ein Zentrumsspital weiterverlegt.

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Der Stützpunkt

Nach dem Umbau des Notfalls in diesem Jahr werden die Räumlichkeiten offener, die Verbindungen direkter. Ein Kernstück davon bildet eine lange Theke im Eingangsbereich. Dahinter befindet sich neu der Stützpunkt, in dem alle Fäden zusammenlaufen. Ein Dispositions-Tool zeigt an, welche Patienten aktuell betreut werden, welcher ESI Stufe sie zugeordnet wurden, welche Fachgebiete einbezogen sind, wer für sie zuständig ist und welche Massnahmen ergriffen wurden und noch anstehen. Über Monitore werden ausserdem aus den Notfallkojen Vitaldaten übermittelt wie Herzrhythmus, Blutdruck, Sauerstoffsättigung des Hämoglobins oder Körpertemperatur. So kann das Notfallteam auf Auffälligkeiten sofort reagieren und immer im Blick behalten, wie sich der Gesundheitszustand aller Patienten entwickelt. Das erleichtert auch die unmittelbare Planung von Bettenbelegung und Personaleinsatz. «Die Arbeit auf dem Notfall ist keine gerade Strasse sondern eine Berg- und Talfahrt.», sagt Ralf Kühn. «Die Intensität des Tages schwankt zwischen 70 % und dann gefühlt über 100 %, aber das ist das spannende, jeder Tag ist anders, die Karten werden immer wieder neu gemischt.»

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Die Wartezeiten

«Unser Anliegen ist es, dass wir alle Patienten möglichst rasch behandeln und aus der Notfallstation wieder entlassen können. Die durchschnittliche Gesamtaufenthaltszeit beträgt im Moment bei uns zwei Stunden», sagt Tobias Hoffmann. Wartezeiten lassen sich jedoch nicht vermeiden, denn eine Notfallstation ohne Wartezeiten ist genauso überdimensioniert wie ein Bus, in dem Sie zu jeder Tageszeit einen Sitzplatz finden. Dass die Wartenden in der Reihenfolge der Dringlichkeit und nicht in der Reihenfolge der Ankunft behandelt werden, ist ein häufiger Grund für Irritationen. «Wenn Patienten ungeduldig sind oder sogar fordernd werden, bringt das Unruhe in den Betrieb, macht aber nicht, dass es schneller geht», sagt Ralf Kühn. «Die allermeisten Patienten haben jedoch Verständnis und dafür sind wir immer dankbar.»

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Die Besprechung

Im Stützpunkt findet auch die Besprechung, das sogenannte Huddle statt, bei dem das gesamte Notfallteam zusammenkommt und sich über die laufenden Fälle und die bevorstehenden Herausforderungen austauscht. Als Tobias Hoffmann, leitender Arzt, erklärt, dass solche Huddles alle drei Stunden stattfinden, meint eine Assistenzärztin: «Ja schön wärs», und fröhliches Gelächter bricht aus. Auf der Notfallstation muss es manchmal unglaublich schnell gehen und es passiert immer wieder, dass Abläufe nicht plangemäss stattfinden können. Aber das schweisst das Team zusammen und macht offensichtlich auch Spass. «Die Hierarchien sind flach auf dem Notfall. Wenn es sehr schnell gehen muss, arbeitet man Hand in Hand gemäss eingeübtem Ablauf ohne Zwischenbesprechungen. So arbeitet die Pflege beispielsweise in der Analgesie (Behandlung von Schmerzen, Anm. d. Red.) autonom», sagt Tobias Hoffmann.

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Neue Möglichkeiten

«In die Notfallstation kommen Menschen mit den verschiedensten Beschwerden, Hintergründen und Lebensgeschichten. Wir nehmen sie auf und dann öffnet sich ein Trichter in alle weiteren medizinischen Fachgebiete» sagt Tobias Hoffmann. In vielen Fällen braucht es für eine genaue Diagnose die Radiologie, deshalb gibt es ab 2022 in Dornach eine Notfall-Röntgenstation. Sie befindet sich hinter den Kojen und ist von dort über einen kurzen Gang erreichbar. Nach dem Umbau ermöglicht zudem eine Rohrpost, dass Blutproben per Luftdruck in den zweiten Stock ins Labor geschickt werden. So können beispielsweise in der Behandlung von lebensbedrohlichen Symptomen wichtige Sekunden gewonnen werden. Neu wird auch die Apotheke mit dem Materiallager direkt hinter dem Stützpunkt zentral platziert sein.

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Der Job

Notfallmedizin ist ein Querschnittsfach, welches auf der engen Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgruppen und medizinischen Disziplinen basiert. Die Arbeit ist deshalb abwechslungsreich wie kaum eine andere und die einzelnen Fachpersonen haben weitreichende Kompetenzen. Gleichzeitig ist die Arbeit herausfordernd und hektisch und verlangt viel Flexibilität und Belastbarkeit. Die Arbeitszeiten werden auch in Zukunft immer stärker angepasst an den Bedarf. «Die Erfahrung zeigt, dass die Betriebsunfälle in den Firmen entweder ganz am Anfang oder kurz vor Schluss passieren», sagt der Leiter der Pflege, Ralf Kühn. So ergibt sich an einem durchschnittlichen Tag auf dem Notfall Dornach ein Belastungshöhepunkt ab 10 Uhr und ab 17 Uhr. Nach 20 Uhr wird es meist wieder ruhiger. Eine weitere Besonderheit ist, dass das Team im Notfall in vielen Fällen kaum Vorinformationen der Patientin oder des Patienten hat. Im Verlauf der Behandlung setzt sich anhand von Patientenaussagen, körperlichen Anzeichen oder Hinweisen von Angehörigen langsam ein Puzzle zusammen, bis genügend Teile vorhanden sind, dass der Fall in die Hände von Fachspezialisten weitergegeben werden kann. «Es hat etwas von Detektivarbeit, wenn das Notfallteam so schnell wie möglich versucht herauszufinden, welche medizinischen Probleme vorliegen», erklärt Ralf Kühn. «Das erfordert grosse Erfahrung, hohe Sozialkompetenz, aber auch die entsprechenden Zusatzausbildungen sind anspruchsvoll», meint Tobias Hoffmann. Bei den Ärztinnen und Ärzten gibt es einen Fähigkeitsausweis der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin SGNOR. Diplomierte Expertinnen und Experten Notfallpflege haben nebst ihrer Pflegeausbildung das Nachdiplomstudium Notfallpflege absolviert.


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